15.07.2024

Ein ganzes Berufsleben für die Bildung

Mit Felix Bollmann und Jürg Philipp wechselten per Ende Schuljahr 2023/2024 zwei äusserst langjährige, engagierte und erfahrene Lehrkräfte in den verdienten Ruhestand. Als Schulleiter gehe ich nun ohne diese beiden zuverlässigen Wegbegleiter in die Zukunft – voller Dankbarkeit und Respekt gegenüber ihnen und ihrem Engagement.

Herr Philipp und Herr Bollmann, diese zwei Lehrer gehörten zum Inventar der Oberstufe Pfäffikon und sind zahlreichen Jugendlichen und heutigen Eltern oder Grosseltern ein Begriff. Sie beide haben eine Generation von Menschen durch die Oberstufenschulzeit begleitet, geprägt und erhalten noch heute Besuch von ehemaligen Jugendlichen – für eine Lehrperson ein Gütesiegel und die wertvollste Qualifikation, die man sich in diesem Beruf vorstellen kann.

Was kann man aus seinen Interessen machen?

Felix Bollmann hat während seiner eigenen Schulzeit nie daran gedacht, selber jemals als Lehrer tätig zu werden. Eigentlich sei dies der einzige Beruf, den er damals wirklich ausgeschlossen habe. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Maturität hat er seine Vorlieben analysiert. Sport, Sprachen und Geschichte standen auf der Liste des jungen Mannes. Am Ende der Auslegeordnung stand die Anmeldung zur Sekundar- und Fachlehrerausbildung (SFA) und der Rest ist Geschichte. Nach Abschluss des Studiums 1983 erlernte er sein Handwerk als Vikar und trat im Jahr 1985 seine erste Stelle im Sekundarschulhaus Mettlen in Pfäffikon an. Aus den ursprünglich gedachten zehn Jahren in Pfäffikon wurde ein ganzes Berufsleben. Erst die Sanierung des Sekundarschulhaus Mettlen im Jahr 2021 brachte Felix Bollmann dazu, doch noch das Schulhaus zu wechseln. So verbrachte er die letzten drei Jahre seiner Lehrerlaufbahn im Sekundarschulhaus Pfaffberg und trat nach 39 Jahren Pfäffikon und total 41 Berufsjahren als Sekundarlehrer im Bereich Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch), Geschichte, Sport und weiteren Fächern (klassischer phil I-er) nun in den wohlverdienten Ruhestand.

Felix Bollmann (1986)

Von der Universiade in die Volksschule

Seine erste Stelle trat Jürg Philipp in Bäretswil an, dies in einer Klasse, die schon diverse Lehrpersonen «verheizt» hatte. Mit seiner Biographie, die nebst dem erfolgreichen Lehrerstudium auch drei Semester Wirtschaftsstudium an der HSG, einer Offizierslaufbahn im Militär, der harten Schule der Spitzenleichtathletik (Spezialität Steeple) und der Teilnahme an der Universiade als Teil der Studenten-Nationalmannschaft im Langlauf aufweist, war er für diese schwierige Stelle an der Sekundarschule Bäretswil in einer Zeit von akutem Lehrerüberfluss prädestiniert. In Bäretswil wirkte er von 1985 bis 2003 (mit einem kurzen Unterbruch, als er in Wald beschäftigt war). Seit 2003 war er als Parallellehrer von Felix Bollmann in Pfäffikon tätig und kümmerte sich um die naturwissenschaftliche und mathematische Ausbildung der Jugendlichen. Auch Jürg Philipp verbrachte seine Pfäffikerzeit bis zur Sanierung im Sekundarschulhaus Mettlen und zog dann für seine letzten drei Berufsjahre in den Pfaffberg. Parallel zu seiner Lehrertätigkeit war er seit 1997 als Präsident des KZS (Kantonalverband Zürich für Sport in der Schule) auch kantonsweit für den Schulsport im Einsatz und hat für die Entwicklung des Schulsportes im Kanton Zürich unzählige Stunden investiert.

Jürg Philipp (1985)

War früher alles besser?

In der aktuellen Diskussion über die Schule und ihre Zukunft hört man immer wieder den Satz: «Früher war alles besser.» Dahinter verbirgt sich in den meisten Fällen ein etwas naives und von schönfärberischen Erinnerungen geprägtes Bild. Felix Bollmann zumindest widerspricht dieser Aussage vehement: «Die Jugendlichen sind heute eher angepasster als früher. Sie sind klar besser geworden im Präsentieren und in ihrem Selbstbewusstsein. Früher wie heute muss die Beziehungsebene stimmen und das Miteinander funktionieren. Natürlich gab es in den Anfängen meiner Karriere vielleicht weniger Fragen nach dem Sinn einer Aufgabe. Sie wurde einfach erledigt. Die Lehrerrolle ist heute eher beratend als früher, die Kommunikation mit den Jugendlichen, die Erklärung und Sinnstiftung bei Aufgaben hat einen höheren Stellenwert. Klappt das, geben die jungen Menschen weiterhin viel Einsatz und zeigen grosses Engagement. Weniger stark, im Vergleich zu früher, sind die Jugendlichen in der Bearbeitung von Aufgaben, zu denen sie gerade wenig Lust verspüren. Das kann schon etwas mühsam sein».

Was Felix Bollmann aber auch beschäftigt, ist der aktuelle Lehrermangel. «Auch bei den Lehrpersonen ist das Berufsverständnis nicht mehr gleich wie früher», führt der erfahrene Pädagoge aus. «Früher hat man sich stärker mit der Schule identifiziert, heute wird mehr Teilzeit gearbeitet. Dies hat sicher Auswirkungen auf die abnehmende Bereitschaft, länger zu bleiben oder an den «freien» Tagen bei Anlässen mitzuwirken und macht die Organisation schwerfälliger. Gleichzeitig ist die Schule grösser, komplexer geworden. In der Mitte der 80er Jahre haben die Schulpflegerinnen und Schulpfleger sämtliche Administration rund um die Schule selber und meist zu Hause erledigt. Heute zählt die Schulverwaltung mehrere 100%-Stellen, dazu gibt es eine Schulleitung und neu sogar weitere vorgesetzte Stellen.»

Schule ist Beziehungsarbeit

Felix Bollmann und Jürg Philipp sind sich einig: Die Schule ist extrem personenabhängig. Die Organisationsform spielt weniger eine Rolle als die Menschen, die in der Organisation tätig sind. So kann beispielsweise die Schulleitung die Arbeit der Lehrpersonen massiv erleichtern. Beide erwähnen aber, «dass ihnen Erzählungen von Kollegen in anderen Schulen auch aufzeigen, dass die Schulleitungen den Alltag durchaus erschweren können». In der Oberstufe Pfäffikon war die Zusammenarbeit immer sehr wertschätzend und positiv – ansonsten wären beide nicht so lange an dieser Schule geblieben.

Felix Bollmann lag die Beziehung zu den Jugendlichen seit Anbeginn seiner Karriere besonders am Herzen. Der passionierte Fussballer und hochdekorierte Fussballtrainer begleitet und fördert Menschen auch im Sport – den Teamgedanken hat er auch immer im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern gepflegt. Seine empathische und doch klare Art gaben Halt und Orientierung – Felix Bollmann war von Eltern, Schülerinnen und Schülern und im Kollegium enorm geschätzt und respektiert. Sein Feuer für diesen Beruf begleitete ihn bis zum Karrierenende. Dass er danach auf der «faulen Haut» liegt, darf an dieser Stelle sicher ausgeschlossen werden – Felix Bollmann ist als Fussballtrainer, Grossvater, begeisterter Wanderer und vielseitig interessierter Rentner sicherlich gut ausgelastet.

Felix Bollmann (2006)

Auch Jürg Philipp hat den Sport im Blut. In seinem Fall war es – wie oben beschrieben – die Leichtathletik und das Langlaufen, wo er viele Kämpfe mit sich selber ausfechten musste und gelernt hat, auch bei Widerständen durchzubeissen und nie aufzugeben. Dieses Denken hat er auch in der Schule vermittelt und versucht, den Jugendlichen etwas von seiner konsequenten sportlichen Haltung weiterzugeben, dies immer mit dem Wunsch, jede Schülerin und jeden Schüler nach Kräften zu unterstützen und trotz dem vielen Fordern immer auch zu fördern.

Jürg Philipp (1995)

Erfahren, neugierig und doch nicht jeden «Mode Gag» mitgemacht

Sowohl Felix Bollmann als auch Jürg Philipp haben in ihrer langen Karriere zahlreiche Schülerinnen und Schüler kennengerlernt, begleitet und in die «Selbständigkeit» entlassen. Sie haben Tausende von Lektionen erteilt und können wohl von sich behaupten, mehr Unterricht erteilt zu haben als alle anderen Lehrpersonen an unserer Oberstufe zusammen. Dennoch haben sich beide bis zum letzten Tag für die Entwicklung der Schule interessiert, neue Ideen aufgenommen und die nötige Offenheit für die neuste Technik, pädagogische Ideen oder Experimente mitgebracht. Alles mitgemacht haben beide aber nicht – die kritische Auseinandersetzung war ihnen wichtig. Jürg Philipp zum Beispiel sagt über sich: «Ich bin zunehmend nicht mehr von allen Strömungen überzeugt; habe gelernt, dass vieles nicht nachhaltig ist und wieder «zurückkommt», bin deshalb nicht auf jeden «Mode Gag» aufgesprungen!».
Zur teuren Informatikaufrüstung in den Schulen meint Felix Bollmann: «Ja, die Schule hat sich verändert. Mit der Digitalisierung und den technischen Möglichkeiten ist ein ganz neues Hilfsmittel verfügbar. Lernen aber bleibt Arbeit und muss von den Jugendlichen auch weiterhin selbstständig bewältigt werden!».

Jürg Philipp (2024)

Der Lehrerberuf ist besonders

Felix Bollmann erwähnt, dass er den Lehrerberuf durchaus wieder ergreifen würde. Diese Arbeit hat ganz besondere Qualitäten, da Karrierechancen gleich Null sind. Was in vielen Fällen als Argument gegen diesen Beruf angeführt wird, ist aber durchaus auch Stärke: Es ermöglicht es, den Fokus auf die Arbeit mit den Jugendlichen zu setzen ohne Grabenkämpfe um einen möglichen Aufstieg oder eine Beförderung. Der Beruf gibt zudem extreme Freiheiten (ausserhalb des Stundenplanes). Gerade in der Zeit, als die eigenen Kinder noch klein waren, konnte er so nach Schulschluss mit ihnen viel Zeit verbringen und sich am Abend dann wieder in die Arbeit vertiefen, während der Nachwuchs sich schlafend für den nächsten Tag stärken konnte. Felix Bollmann rechnet immer wieder vor, dass er als Oberstufenlehrer in der kritischen Phase der Pubertät mehr Zeit mit den Jugendlichen verbrachte als die Eltern zu Hause. Und Jürg Philipp schaut auf das besondere Privileg zurück, die Eltern mit zunehmender Erfahrung gelassen durch diese Pubertätszeit begleitet zu haben. Sein Lieblingszitat in dieser Phase: «Diese Zeit geht vorbei, Eltern bleibt man/frau ein Leben lang!».

Felix Bollmann (2024)

Mit Felix Bollmann und Jürg Philipp verliert die Oberstufe Pfäffikon zwei enorm erfahrene, integre und wertvolle Mitarbeiter. Beide haben ihre Aufgaben bei uns mehr als erfüllt und dürfen auf eine reichhaltige, gelungene «Karriere» mit vielen lustigen, berührenden und unterhaltsamen Anekdoten, herausfordernden Zeiten und oft grosser Situationskomik zurückschauen. Ihren Ruhestand haben sie beide mehr als verdient. Das ganze Team der Oberstufe Pfäffikon wünscht den beiden Gesundheit, Freude, Erfüllung und eine lange Zeit als Pensionäre. Vielen herzlichen Dank für euren grossartigen Einsatz!

Andi Räz

Schulleiter Oberstufe